ARTISTS: AND ALSO THE TREES

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Photo: Olivier Seguin

 

ARTISTS:
AND ALSO THE TREES

post-punk / gothic / folk rock

 

Wenn eine Band schon seit mittlerweile 43 Jahren zusammen Musik macht, zugegeben mit einigen Wechseln in der Besetzung und auch der einen oder anderen schöpferischen Pause, dann muss sie schon ziemlich vieles richtig gemacht haben, denn ansonsten funktioniert das nicht. Wenn es diese Band aber in eben genau diesen 43 Jahren kaum über den Status einer fast nur Branchen- und Genreinsidern bekannten Underground-Band hinausgeschafft hat, dann sollten Überlegungen erlaubt sein, wie es zu diesem Umstand genau kommen konnte.

Die Rede hierbei ist von AND ALSO THE TREES, einer Post-Punk Band aus dem Westen Englands (Inkberrow, Grafschaft Worcestershire), die 1979 abseits der hervorstechenden britischen Musikmetropolen London und Liverpool/Manchester von den Gebrüderpaaren Jones und Havas gegründet worden war. Hauptverantwortlich für diesen Gründungsprozess zeichnete sich damals Simon Huw Jones (Vocals). Zur Startbesetzung gehörten neben dessen Bruder Justin Jones (Gitarre) auch Graham Havas (Bass) und Nick Havas (Drums). Musikalisch inspiriert waren sie anfänglich von den Gangs of Four, Joy Division und Siouxsie and the Banshees. Wahrscheinlich aber lag es an diesem Start irgendwo im englischen Musik-Nirgendwo, dass die Band eine gewisse Zeit brauchte, um sich einen zumindest halbwegs brauchbaren Bekanntheitsgrad jenseits der lokalen Clubs und Festivals zu ergattern – zumal sie damals gerade zur Hoch-Zeit des Post-Punks, Waves und New Waves in dieses Business eingestiegen sind.

1980 brachten sie ein erstes Demo-Tape auf den Markt, das unter anderem auch auf den Tischen von The Cure landete, die damals auf der Suche nach Support-Bands für ihre UK-Tourneen waren. The Cure-Mastermind Robert Smith fand dabei beim Reinhören wohl so viel Gefallen am Sound von And Also The Trees, dass er sie ab 1981 für etliche Jahre als feste Vorgruppe für die Cure-Tourneen durch das Vereinigte Königreich buchte. Aber nicht nur das. Smith half der Jones/Havas-Truppe auch bei der Produktion des zweiten Demo-Tapes. Und für die allererste offizielle Single Shantell (1983) stellte sich Cure-Mitbegründer Lol Tolhurst hinter die Mischpulte. Dies galt auch für die zweite Single The Secret Sea und das Debütalbum And Also The Trees (beide 1984). Diese Umstände, also diese große und beständige Nähe zu den Genregrößen The Cure sowie deren umfängliche Unterstützung, würden an sich vermuten lassen, dass dies auch für die vier Jungs aus dem beschaulichen Inkberrow ein größeres Sprungbrett hätte darstellen müssen. Dem war aber nicht so. Die EP A Room Lives In Lucy (1985) wurde als einzige unter den zahlreichen Veröffentlichungen von AATT jemals in den Top 30 der UK Indie Charts gelistet und sowohl unter den Kritikern, aber auch unter den Fans entstand zunehmend der Eindruck, dass And Also The Trees einfach nur simple Plagiate, simple Kopien oder Anhängsel des großen Originals The Cure seien.

Über mehrere Um- und Neubesetzungen (Bassist Graham Havas stieg bereits 1983 aus, Drummer Nick 1997) und Veränderungen des Sounds (Justin Jones führte 1985 den mandolinenähnlichen Klang seiner Gitarre als neues Alleinstellungsmerkmal ein) sowie thematischen und mit viel Kunst, Poesie und Romantik garnierten Spezialisierungen auf ihre ländliche Umgebung, schafften es And Also The Trees, sich endlich selbst eine eigene Bestimmung, einen eigenständigen Charakter zu geben, ohne aber damit wirklich massenkompatibel zu werden. Über einige weitere Angleichungen des Stils (aus den Erfahrungen auf einigen US-Tourneen nahmen sie zeitweilig den Surf-Gitarrensound der 50er-Jahre mit in ihr Repertoire auf und auf der vorletzten LP Born Into Waves (2016) muss man unweigerlich an die Melodramatik von Nick Cave and the Bad Seeds denken) sind sie nun mit ihrem neuesten Werk, dem im September veröffentlichten Album The Bone Carver, wieder zu ihrem Ursprungspunkt zurückgekehrt: zur Mandoline von Justin Jones, die den durchweg melancholisch und düster gebliebenen Romantik-Tracks/-Erzählungen von And Also The Trees ihren speziellen mitfühlenden und verträumten Sound verleiht.

Und mit diesem Sound sind die mittlerweile fünf Jungs um die Gebrüder Jones wieder erfolgreich auf Europatournee. Wer sich gerne mit melodramatischen Erzählungen, die auf einem schaurig-düsteren Soundteppich gelegt in unsere Köpfe und Herzen fliegen, vergnügen will, sollte also unbedingt die Tourdaten auf deren Website checken oder gerne auch in das folgende Video reinschauen – bis das erste Herz zu weinen beginnt.

Die Titel The Fruit Room, Missing und The Soul Driver wurden übrigens in der vierten KAE Sendung FLOWERS OF ROMANCE #1 vom 24.05.2021 präsentiert.

 

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