ÜBER E.E.ENGSTRÖM & THE TWIN STREET TREE TRUNK LOVE ENSEMBLE
Erik E. Engström ist ein Musiker aus Göteborg in Schweden. Zusammen mit seinen wechselnden Mitwirkenden, die er als The Twin Street Tree Trunk Love Ensemble bezeichnet, kreiert er atmosphärische Klanglandschaften zwischen Jazz Noir und Ambient mit Elementen des Blues. Unterlegte Tonaufnahmen aus Filmen, Regengeräusche, Schreibmaschinen und andere Geräusche verleihen den cineastischen Instrumentals, die an einigen Stellen von subtilen Passagen gesprochener Worte begleitet werden, einen experimentellen Ansatz. Dies ist der Soundtrack für lange Fahrten durch neblige Landschaften, schlafende Städte und seltene Zwielicht-Momente.
Seit der Gründung vor elf Jahren haben Erik und sein mysteriöses Ensemble fünf Alben, zwei EPs, eine Single und zuletzt eine Compilation mit Titeln veröffentlicht, die zuvor auf dem italienischen Label Signora Ward Records erschienen sind.
Die Titel MISSING SINCE SEPTEMBER 21ST vom Album Small Town Curse (2018) und HANGOVER EULOGY IN THE BACKSEAT von der Compliation The Italian Job (2021) wurden in der 10ten Episode von UNEARTHED vorgestellt.
KAE freut sich, euch heute das dazugehörige UNEARTHED-Interview mit Erik E. Engström zu präsentieren zu können.
DAS UNEARTHED INTERVIEW MIT E.E.ENGSTRÖM
KAE: Deine Musik ist definitiv das, was ich mit „versteckten Perlen“ meine. Man findet wenig Eckdaten über dich und dein Projekt. Umso mehr freue ich mich, dass du bereit bist, ein paar Fragen persönlich zu beantworten.
Beginnen wir also mit der traditionell ersten UNEARTHED-Frage: Beschreibe bitte deine Musik in fünf Worten!
EEE: Berauschte Melodien für verwunschene Räume.
KAE: In der Beschreibung von „Small Town Curse“ kann man lesen: „geschrieben und gespielt von: E.E. Engström und der groovig-düsteren Galgengruppe: The Twin Street Tree Trunk Love Ensemble“ – wer oder was steckt hinter diesem rätselhaften Projektnamen?
EEE: Im Grunde besteht das Twin Street Tree Trunk Love Ensemble aus denjenigen, die zu dem jeweiligen Projekt passen, an dem ich gerade arbeite. Jede Veröffentlichung hatte eine andere Besetzung, Freunde, Partner, Tiere, Geister. „Bandmitglieder“ im weitesten Sinne des Wortes. Bei einigen Stücken bin nur ich dabei, aber wer was macht, ist nicht wichtig. Wenn man dem Tree Trunk Love Ensemble beitritt, akzeptiert man die Anonymität.
KAE: Deine Veröffentlichungen sind ein Universum für sich, mit einer sehr klaren Handschrift. Es geht viel um Geister oder Wesen, um Nebel, Bäume, Wälder und Flüche. Welche Erfahrungen und Einflüsse haben die Welt, die du zum Ausdruck bringst, geprägt?
EEE: Ich bin im regnerischen Schweden aufgewachsen, bin mit Freunden durch die Wälder gestreift, wir haben Geschichten erzählt, um einander zu erschrecken, was oft gelang und das Gefühl hervorrief, nicht allein zu sein – beobachtet zu werden. Dieses Gefühl ging nie wirklich weg, wurde aber immer mehr zu einer Art Wendepunkt. Irgendwann um das Jahr 2011 herum, als mich dieses Gefühl auf der Heimfahrt im Bus von einer rotwandigen Spelunke überkam, nahm die Idee zu diesem Projekt Gestalt an. Die Idee war, dass die Bandmitglieder nicht auf physische, lebende und atmende Personen beschränkt sein würden. Auf einer weniger „abwegigen“ Ebene wäre es falsch von mir, den Einfluss der Filme von David Lynch und der Musik, die er und Angelo Badalamenti gemacht haben, nicht zu erwähnen. Das ist wahrscheinlich für die meisten Leute offensichtlich, aber ich möchte betonen, dass die Twin Street des Namens nichts damit zu tun hat. Der Name der Straße, in der ich wohnte, als das Ensemble gegründet wurde, ist Tvillinggatan (wörtlich Zwillingsstraße). Weitere wichtige Einflüsse, um ein paar zu nennen: Office Romance von Low Light Situations, The Picture of Dorian Gray von Oscar Wilde, Bübins Unge von Mare Kandre, Get Up With It von Miles Davis, die Musik von Coil und Current 93, das Nachtleben auf der Andra långgatan in Göteborg um 2008-2012, Lost Weekend, The Maltese Falcon, A Movable Feast von Ernest Hemingway, und Katzen im Allgemeinen.
KAE: Was ist der Vor- und Nachteil bzw. der Fluch und Segen des Musikmachens für dich persönlich?
EEE: Da ich sowohl einen Job habe, um das Essen auf den Tisch zu bringen, als auch ziemlich viel Zeit mit literarischen Projekten verbringe, würde ich sagen, der einzige Nachteil ist, dass ich nicht genug Zeit habe, um all die Dinge zu tun, die ich musikalisch tun möchte. Der Vorteil wäre, dass es eine angenehme Abwechslung zu anderen Aktivitäten und Bestrebungen ist.
Photo by O. Sjöman
KAE: Deine Veröffentlichungen werden von kurzen Texten begleitet, die wie Auszüge aus einem Roman wirken und dem besagten Universum noch mehr Gestalt verleihen. Wird E.E. Engström & The Twin Street Tree Trunk Love Ensemble immer ein rein instrumentales Projekt bleiben, oder kannst du dir vorstellen, deine Texte irgendwann in die Musik zu integrieren?
EEE: Die Texte sind als (hauptsächlich) gesprochene Passagen in ein paar Tracks eingebaut worden. Ich weiß noch nicht, ob das auch auf zukünftigen Veröffentlichungen der Fall sein wird. Wie in der vorherigen Frage angedeutet, bin ich auch Schriftsteller (ich habe einen Roman veröffentlicht [Amarja, 2019] und einige Kurzgeschichten in verschiedenen Anthologien). Ich denke, deshalb habe ich mich entschieden, die Musik hauptsächlich instrumental zu halten, um mich selbst herauszufordern, mich auf eine andere Art und Weise auszudrücken, nämlich durch Instrumente.
KAE: Du hast bereits – in recht kurzen Abständen – fünf Alben, zwei EPs und eine Single veröffentlicht. Du bietest diese ohne kommerzielles Interesse auf Bandcamp an. Als Underground-Künstler kann man auch von Spotify nichts erwarten. Wie schaffst du es trotzdem, deine Musik am Leben zu erhalten?
EEE: Es ging nie ums Geld.
KAE: Ist es möglich, E.E. Engström & The Twin Street Tree Trunk Love Ensemble live zu erleben oder ist es ein reines Studioprojekt?
EEE: Nachdem wir vor einigen wenigen Zuhörern aufgetreten sind (ein Ausschnitt davon ist auf dem Stück Kortedala zu hören), sind wir und ich zu dem Schluss gekommen, dass es zwar interessant war, aber nicht der richtige Weg für uns ist.
KAE: In deinem Bandcamp-Profil steht, dass du in Göteborg, Schweden, lebst. Welche Orte würdest du Reisenden oder Neuankömmlingen in Göteborg oder Schweden im Allgemeinen empfehlen?
EEE: Den Plattenladen Skivhallen Majorna, das Restaurant Blackbird, die Wälder entlang des Flusses Lärjeån, die Bar Johannebar, das Antiquariat Faust, Erikshjälpen Kortedala, das Göteborger Kunstmuseum, das Museum von Göteborg, den See Delsjön und die umliegenden Wälder.
KAE: Welche fünf Künstler oder Bands – zeitgenössisch und aktiv – möchtest du unseren Zuhörern und Lesern empfehlen?
EEE: Thet Liturgiske Owäsendet, Alex Zhang Hungtai, pg.lost, William Basinski und die wichtigste Band aller Zeiten: Current 93.
KAE: Was können wir in naher Zukunft von E.E. Engström & The Twin Street Tree Trunk Love Ensemble erwarten?
EEE: Wir werden wahrscheinlich irgendwann in diesem Herbst mit den Aufnahmen für das neue Album „Does Not Exist“ beginnen.